Abflug: gleich – Ankunft: heute abend!

Endlich sitze ich am Gate. Ein halbes Jahr habe ich auf diesen Moment gewartet — und jetzt darf ich für fast genauso lange wieder nach Senegal zurückkehren.
Draussen ist es noch dunkel und es ist kalt. Der Weg zum Flughafen war gut, keine nennenswerten Staus auf der A3. Das Einchecken ohne Probleme. Mein großer Koffer wog 24,7 kg, ich weiss jetzt, dass meine Personenwaage zuhause das Gleiche anzeigt, wie die Waage am Schalter. Das Handgepäck wurde gottseidank nicht gewogen (und auch nicht gezählt).
Der Security-Check hat etwas gedauert. Alle Gepäckstücke aufs Band, alles Überflüssiges ausziehen und dann das Gleiche wieder retour.

Während ich hier bei Cappuccino (für 6,50 € !!) sitze und aufs Boarding warte, breitet sich in mir diese Vorfreude aus. Einerseits eine sehr ruhige Vorfreude, weil ich ja weiss, wohin ich fliege und andererseits eine aufgeregte Vorfreude, weil mich an bekanntem Ort auch einiges Neues erwarten wird.

Bald gibt’s endlich wieder Sonne, Meer, Trommeln, Singen, Kora spielen – all das, was mich erfüllt und lebendig macht.
Ich freue mich auf mein kleines Haus, das ich erstmals mit eigenen Augen sehen werde.
Und natürlich freue ich mich auf Moctar, wir haben uns nun seit 1/2 Jahr nicht mehr gesehen. Eine verdammt lange Zeit und ich bin ein bisschen ängstlich, wie der erste Augenblick des Wiedersehens am Flughafen sein wird. Wir kennen uns schließlich erst seit 11 Monaten, haben gerade mal 5 Monate miteinander verbracht…

Mittlerweile weiss ich leider, dass der Container mit meinen Sachen nicht vor dem 28. oder 29.11. ankommen wird. Bis dann alles abholbereit ist, werden noch mal ein paar Tage vergehen.
Ich werde bei meiner Ankunft also nur das da haben, was ich im Koffer mitbringe.
Das fängt gut an, so habe ich mir das nicht vorgestellt.
Okay, ich schiebe diese Gedanken mal beiseite, heute ist Vorfreude.



Packen für ein halbes Jahr: Was nicht verschifft wurde, kommt jetzt mit

Vom Bikini bis zur Backup-Festplatte – ein Koffer voller ganz normaler Notwendigkeiten.

Bevor ich für ein halbes Jahr nach Senegal fliege, packe ich weniger Kleidung als mein Leben.
Ein Teil ist schon im Container unterwegs – Bett, Matratze, Stühle, Tische, Küchenzeug – und zwei Gitarren.
Und was jetzt noch in den Koffer kommt, ist die Mischung aus Alltag, Restposten und „Ach stimmt, das brauche ich ja dort auch“.
Sieht nicht nach Abenteuer aus. Sondern nach Alltag.

Im August habe ich schon jede Menge Sachen per Container verschifft. Ich kenne jemanden, der regelmäßig Container nach Gambia schickt – da konnte ich meine paar Dinge einfach zuladen.
Ich wohne ja nicht im Hotel, sondern in meinem eigenen Haus.
Und so ein Haus will ausgestattet werden.

Bett, Lattenrost, Matratze, Bettdecke, Bettlaken, Stühle, kleine Tische, Geschirr, Töpfe, Besteck – und jede Menge Solarlampen. Ja, Solarlampen. Weil Strom in Abéné eher ein Vorschlag als Realität ist.
Klingt nach viel? Ist es auch.
Dazu habe ich ein paar Alltagsdinge mitgeschickt: Sonnenmilch, Mückenschutz, Zahnpasta, Gesichtswasser, Creme. Spart Platz im Koffer – und Nerven, wenn man alles erst vor Ort suchen müsste.

Aber wer jetzt denkt, ich könnte mit leichtem Gepäck reisen, irrt gewaltig. Tatsächlich bleibt noch jede Menge übrig, was ich bis zuletzt hier gebraucht habe oder woran ich erst jetzt gedacht habe. Geschenke für meine Familie in Senegal gehören natürlich dazu.
Unter anderem habe ich etwa 25 Lesebrillen in verschiedenen Sehstärken dabei, die ich verteilen werde.
Und ganz wichtig: Medikamente!
Schmerzmittel, Mittel gegen Durchfall und Verstopfung, Nasenspray, Augentropfen, Fiebersirup für Kinder, Antihistaminika, Verbandmaterial, ein Notfall-Antibiotikum, Magnesium und Jodtabletten für die Schilddrüse – alles im Gepäck.

Und Kaffee! Richtig guter Bohnenkaffee, in Abéné gibt es höchstens Espresso von Lavazza und den mag ich gar nicht so gerne.
Für meine Familie habe ich ganz viel löslichen Cappuccino eingepackt, die mögen den total gerne!
Außerdem habe ich eine Campingdusche und ein faltbares Solarpanel gekauft. Warum? Kein Strom, kein Wasser im Haus.
Die Dusche ist ein schwarzer Beutel, der sich in der Sonne aufheizt, das Solarpanel lädt Powerbanks – Handy, Laptop, Kameraakkus, alles wird versorgt.
Survival? Ein bisschen. Praktisch? Sehr.

Im Handgepäck: ein paar Sommerkleider – nicht viele, denn vieles habe ich schon in Senegal, und vor Ort kann man sich schöne Kleider nähen lassen.
Dazu kommen Powerbanks, externe Festplatten, USB-Batterien, Ansteckmikrofone, iPad, Laptop und alle Kabel, die man sich vorstellen kann.
Und der Fotorucksack: Kamera, ein paar Objektive, Kosmetik und Zahnpasta für die ersten Tage.

Insgesamt fliege ich mit 43 kg Gepäck, aufgeteilt auf drei Gepäckstücke. Sieht nicht nach Urlaub aus? Stimmt. Macht aber mein halbes Jahr Senegal nahezu perfekt.

Cashews

Die Provence in Frankreich ist für seine Lavendelfelder bekannt. Apulien in Italien für seine Olivenbäume und die Casamance in Senegal ist bekannt für seine Cashews. Überall stehen Cashewbäume, mal nur vereinzelt, mal ganze Wälder oder Alleen.

Und die Ernte ist jetzt bzw. beginnt gerade, je nachdem, ob es sich um eine frühe oder späte Sorte handelt.

Cashew-Allee im Süden der Casamance

Bislang kannte ich nur die Cashewkerne, also Nüsse, die man bei uns in Deutschland in nahezu jedem Geschäft kaufen kann. Aber der Cashewbaum hat weitaus mehr zu bieten.

Auf dem Baum wachsen Früchte. Mal sind sie gelb, mal rot. Je nach Sorte. Sie werden in Deutschland gerne Cashewäpfel genannt, obwohl sie so gar nichts mit einem Apfel gemeinsam haben. Und unter dieser Frucht sitzt der Cashewkern, also die Nuss, verpackt in einer dicken Schale.

Was ich bis vor kurzem nicht wusste, die Früchte kann man essen oder auch auspressen, sie sind voller Saft!

Der Saft schmeckt fruchtig und nicht zu süß. Das Fruchtfleisch hingegen ist leicht herb und hinterlässt gerne ein pelziges Gefühl im Mund und auf der Zunge.

Ich zutzele die Früchte aus, kaue endlos auf ihnen herum, bis nur noch der Trester übrig ist. Darüber freuen sich unsere Schafe und Hühner.

Man kann die Früchte auch auspressen, dann hat man köstlichen Saft. Ich werde nächsten Winter meine Saftpresse mitnehmen.

Die Cashewkerne dreht man einfach ab und lässt sie für 1-3 Tage an der Sonne trocknen. Danach werden sie gekocht. Die Schale enthält nämlich ein extrem hautreizendes Öl, das die oberste Hautschicht der Hände einfach wegätzt.

Deshalb ist es wichtig, beim Kauf der Nüsse nicht nur auf der Qualität zu achten, sondern auch auf das Herstellungsverfahren. Werden gesundheitliche Standards eingehalten usw.

Die Regierung setzt übrigens einen Preis für die geernteten Nüsse fest, der nicht unterschritten werden darf. Sie schützen so die Farmer, sich gegenseitig zu unterbieten bzw. von Käufern ausgebeutet zu werden.

Nach dem Kochen werden die Schalen geöffnet und die Nuss wird manuell aus der Schale gepult. Das ist nicht nur anstrengend sondern auch sehr zeitintensiv.

Abschließend kann die Nuss entweder „roh“ verzehrt werden oder geröstet. Hier werden Nüsse traditionell in einer Art Wok auf offenem Feuer geröstet. Damit sie nicht verbrennen, kommt Sand in den Wok. Dieser wird wieder ausgesiebt. Aber manchmal knirscht es trotzdem ein bisschen zwischen den Zähnen.

Und nun noch etwas Persönliches: meinem Mann gehört ein etwa 1,5 Hektar großes Stück Land zwischen Ziguinchor und Guinea-Bissau. Darauf befinden sich weit über 100 Cashewbäume. Vereinzelt fallen die Nüsse schon aber die Haupternte kommt erst noch, es ist eine der späten Sorten. Später in der Regenzeit gibt es noch eine zweite Ernte.

Spaziergang durch „mein“ Cashewwäldchen

Start up in Sawane-Kunda

Kunda heißt übersetzt Familie. Und der Name der Familie ist Sawane. Sawane-Kunda heißt also so viel wie Familie Sawane.

In dem Haus, in dem auch ich mein Zimmer habe, war noch ein unbenutzter Raum, direkt an der Straße. Und es gab Pläne, hier einen Frisörsalon zu eröffnen. Dafür musste ein bisschen umgebaut und renoviert und investiert werden. Gemeinsam haben wir eine Geschäftsidee angeschubst, um die Familienkasse aufzubessern.

So sah der Raum Ende Januar 2025 aus

Es wurde auch sofort losgelegt. Wände wurden verputzt und zur Straße hin wurde ein Durchbruch für die Eingangstür geschaffen.

Die Tür wurde geliefert und eingesetzt.

Und dann geschah längere Zeit nichts. Doch plötzlich wurden wieder alle sehr aktiv, das Ende des Ramadan nahte und damit Korité, das sogenannte Zuckerfest. Da möchte jeder schöne Haare haben.

Die Wände wurden knallblau gestrichen und ein Spiegel an der Wand angebracht.

Vor Korité brummte der Laden. Einmal Haareschneiden für Kinder kostet 500 XOF (senegalesische Franc), das sind umgerechnet 76 Cent. Und für erwachsene Männer kostet es 1000 XOF, also ungefähr 1,50 €.

Aladji schnitt und rasierte non-stop, bis tief in die Nacht. Ich hoffe, das bleibt so und die Kunden kommen nicht nur wieder sondern bringen auch noch neue Kunden mit.

In Zukunft sollen auch Frauen hier die Haare gemacht werden. Da wird es dann aber nicht um Schneiden gehen, sondern um Verlängern, um geflochtene Rastazöpfe, Dreads usw.

Ich wünsche Sawane-Kunda viel viel Glück und Erfolg!

Attaya – die Kunst des Tee trinkens

Überall in Gambia und Senegal wird Attaya getrunken, ein Getränk aus grünem (Gunpowder) Tee und viel Zucker.

Er wird in kleinen emaillierten Kännchen gekocht, oft auf der Glut von Holzkohle. Für das Kochen nimmt man sich Zeit, viel Zeit. Es dauert eine gute halbe Stunde, bis der Attaya fertig ist.

Der Tee wird im Kännchen gekocht, mit viel Zucker. Allein das ist schon toll, denn es duftet oft nach Karamell.

Wenn der Tee lange genug vor sich hingeköchelt hat, beginnt das eigentliche Prozedere: Der Tee wird in ein kleines Glas geschüttet und wird ganz oft in ein zweites Glas umgeschüttet. Und dann geht das immer hin und her, einige Male. Danach kommt der Tee wieder zurück ins Kännchen und köchelt wieder ein paar Minuten. Und dann wird er wieder hin und hergegossen, von einem Glas ins nächste.

Mit der Zeit bildet sich eine dichte Schaumkrone, die entsteht durch den Zucker. Und diese verbleibt auch im Glas.

Wer jetzt denkt, der Attaya sei jetzt trinkfertig, der irrt. Er kommt wieder zurück ins Kännchen. Und so geht es weiter und weiter, etwa 1/2 Stunde. Dabei wächst diese typische Schaumkrone.

Wenn der Attaya trinkfertig ist, werden die Gläser von außen mit Wasser abgespült, damit sie nicht kleben (Zucker!). Und dann wird in hohem, dünnen Strahl der Tee in die Gläser gegossen.

Damit ihr eine Vorstellung davon habt, wie das Ganze abläuft, habe ich vor etwa 2 Jahren ein Video gedreht. Und habe 30 Minuten auf etwa 5 Minuten runtergeschnitten.

Es gibt immer nur zwei Gläser und die ersten beiden Gläser bekommen die, die in dieser Runde die wichtigsten, ältesten, ranghöchsten, was auch immer sind. Wenn die ersten beiden ausgetrunken haben, wird Attaya nachgeschüttet und die nächsten beiden bekommen ein Glas. Und nein, die Gläser werden zwischendurch nicht gespült.

Oft bekomme ich eines der beiden ersten Gläser, ein Zeichen der hohen Gastfreundschaft.

Wenn man den Attaya trinkt, lässt man die Schaumkrone im Glas. Niemals schleckt man diese Schaumkrone mit der Zunge oder dem Finger heraus!

Wenn ihr in Gambia oder Senegal Urlaub macht, sucht Attaya nicht auf der Getränkekarte, ihr werdet ihn nicht finden.

Geht zum Strand oder in die Viertel und wenn ihr jemanden seht, der Attaya kocht, fragt einfach, ob ihr probieren dürft. So habe ich das schon ganz oft gemacht.

Über mich…

Ich bin Jana.
Ich wurde 1967 in Tschechien geboren, mitten in eine politisch aufgeladene Zeit. Zwei Jahre später verließen meine Eltern mit mir das Land – eine Flucht, die Sicherheit und Freiheit, Anpassung und Idealismus aber auch Verlustangst untrennbar in mir verankert hat.
Schon als kleines Kind begann ich, zwischen Systemen, Kulturen und Lebensentwürfen zu wandeln. Ich bin Teil einer Brücken-Generation, die sowohl den sozialistischen Osten als auch den kapitalistisch-liberalen Westen kennt – ohne mich je vollständig einer Seite zuordnen zu müssen.

2003 kaufte ich ein altes Bauernhaus zwischen dem Böhmischen Paradies und Riesengebirge. Dort habe ich Räume für Rückzug, Kreativität und das Leben zwischen meinen Welten geschaffen. Ich nenne mich gerne die Hüterin der Übergänge – zwischen Orten, zwischen Musikstilen, zwischen Kulturen.

Meine Liebe zu Afrika begann 2017 auf einer Reise nach Simbabwe. Seitdem hat mich das Afrika-Fieber gepackt: Sansibar, Simbabwe, Gambia und nun Casamance im südlichen Senegal. Ich lerne Kora, spiele Trommeln, tauche ein in Märkte, Musik und Alltag der Menschen vor Ort. Seit Februar 2025 habe ich in Moctar Mockoulo Sawane, einem Trommler und Musiker, einen musikalischen Partner gefunden, der mein Wirken und Lernen in der Casamance noch reicher macht.

Heute lebe ich nach einem einfachen, aber kraftvollen Rhythmus: Im Sommer Tschechien, im Winter Senegal. Ich kombiniere Musik, Fotografie, Reisen und kulturelle Begegnungen, um Geschichten von Menschen, Orten und Übergängen zu erzählen.

Auf soulsafari.art nehme ich dich mit auf meine Reise – zwischen Kontinenten, Rhythmen und Lebenskonzepten. Es geht um Freiheit, Kreativität, Musik und Begegnungen.
Und um das Leben als Grenzgängerin: bewusst, neugierig und immer auf der Suche nach Verbindungen.