Manche Wochen wollen einfach nur sein

Manche Wochen wollen nicht erklärt werden. Sie wollen ausgehalten werden.

So wie diese Woche.

Sie plätscherte irgendwie so dahin – ohne Höhepunkt, ohne große Erkenntnis. Und vielleicht war genau das ihr Thema.

Am Sonntag habe ich mir kurzfristig eine Nacht in einem Guesthouse gegönnt. Unser Badezimmer ist noch immer nicht fertig, es regnete, und die Vorstellung, nachts hundert Meter zum Klo der Nachbarn zu laufen, war einfach keine gute. Also bin ich gegangen. Nicht aus Drama, sondern aus Pragmatismus.

Am Montagmorgen fuhr ich zurück und blieb mit dem Auto im Sand stecken. Darüber habe ich in meinem letzten Blogartikel schon ausführlich geschrieben. Am Abend fuhr auch Moctar zurück nach Ziguinchor zu seiner Familie, und ich war allein.
Alleinsein macht mir keine Probleme. Auch hier nicht. Und streng genommen bin ich es ja nicht. Es gibt Nachbarn, Gespräche, gemeinsame Routinen.

Die Tage folgen einem gleichmäßigen Muster: morgens Wasser holen, duschen, einkaufen: Frühstück, Fisch und Gemüse für den Tag. Einer meiner Nachbarn kocht für uns auf offenem Feuer. Dafür bin ich sehr dankbar – ich wäre damit überfordert. Ich bin mit einem Elektroherd aufgewachsen, nicht mit Holz und Geduld.

An einem Vormittag habe ich Wäsche gewaschen. Mit der Hand, wie hier üblich. Es ist erstaunlich, wie viel Zeit dabei entsteht. Zeit zum Nachdenken, Musik hören, den Vögeln lauschen. Fast meditativ.

Ich übe täglich auf meiner Kora, wir trinken Attaya, irgendwann gibt es Abendessen. Abends sitzen wir am Feuer, erzählen uns etwas, und irgendwann gehen wir schlafen.

Am Mittwochabend habe ich zum ersten Mal das Rauschen des Atlantiks gehört. Obwohl wir über einen Kilometer vom Strand entfernt sind, tragen die Wellen bis zu uns – wenn es ruhig genug ist. In den letzten Tagen war das selten der Fall. Zu viele Feste, zu viel Musik.
Aber an diesem Abend war es still. Nur Grillen, Wind, Wellen.
Ich habe viele Jahre davon geträumt, ein Häuschen am Meer zu haben.
Und plötzlich war dieser Traum einfach da. Still. Unaufgeregt. Nichts daran musste gelöst oder erklärt werden.

Am Donnerstag kamen gute Nachrichten: Meine Sachen, die ich mit dem Container aus Essen verschickt hatte, waren abholbereit. Endlich! Für Freitag wurde ein Fahrer organisiert und wir fuhren nach Gambia.

Die Fahrt dauerte jeweils zweieinhalb Stunden, unterbrochen von drei Grenzkontrollen.
Meine Sachen waren vollständig und innerhalb weniger Minuten war alles im Auto und auf dem Dach verstaut, dann ging es zurück.

Ich war erleichtert, als wir wieder in Abene ankamen. Die Luft auf den Straßen Gambias ist heiß, stickig, voller Abgase. Hier ist sie klarer, leichter. Und es ist kühler.

Moctar war ebenfalls zurück. Gemeinsam mit Jean baute er das Bett auf – ein Ikea-Bett. Die Aufbauanleitung wurde konsequent ignoriert. Ergebnis: zwei Stangen müssen nun noch einmal neu angebracht werden, weil die Bohrlöcher nach vorne zeigen statt nach hinten. Aber ansonsten: keine Schraube übrig und das Bett steht stabil.

Besonders gefreut hat Moctar die Gitarre, die ich mitgeschickt hatte. Eine für Linkshänder. Für mich habe ich auch eine mitgeschickt. Jetzt können wir zusammen spielen.

Vielleicht ist das gerade mein Zustand: nicht alles einordnen, nicht alles bewerten, nicht alles erzählen. Manche Wochen wollen nicht erklärt werden.

Sie wollen einfach nur sein.

Ende gut, alles gut

Heute morgen dachte ich noch, ich werde meinen Flug verpassen.
Aber der Reihe nach. Gestern lief unser Passavant ab. Das ist diese spezielle Einfuhrgenehmigung fürs Auto. Es war 30 Tage gültig und ausgerechnet gestern endeten diese 30 Tage.
Moctar, mein senegalesischer Ehemann wollte sich um die Verlängerung kümmern aber er war zwei Tage in Kafountine und sein Bus hatte ordentlich Verspätung, da hatte das Amt schon geschlossen.
Er fuhr zur Grenze nach Guinea-Bissau, das ist von Ziguinchor etwa eine halbe Stunde entfernt. Aber die Grenze schließt abends um 18 Uhr.
Mist, ohne Passavent können wir nicht fahren, wir müssen also morgen früh zum Amt und diese Verlängerung machen lassen.
Aber das Amt öffnet zwischen 9:30 Uhr und 10 Uhr, afrikanische Zeit

Ich dachte okay, wir packen alles ins Auto, fahren dort kurz hin und fahren dann weiter. Aber wir mussten mit dem Taxi fahren, denn wären wir in eine Polizeikontrolle gekommen – und von denenb gibt es viele – hätten wir ein Problem gehabt.

Wir also mit dem Taxi hin. Das Büro war gottseidank schon geöffnet und niemand sonst wartete. Der Officer war sehr nett und gab uns sofort den Stempel.
Also mit dem Taxi wieder zurück.
Es war etwa 10:15 Uhr, als wir zurückkamen und wir mussten uns nur noch ins Auto setzen.

Der Abschied von allen fiel mir schwer aber ich komme ja wieder.

Kurz hinter Ziguinchor wurden wir kontrolliert. Diesmal ging es nicht um Passavant oder Führerschein sondern um mein Gepäck. Meine Handtasche und mein kleiner Koffer wurden durchsucht. Drogen, speziell Gras. Ich schaute belustigt zu, ich hab ja noch nie in meinem Leben Drogen konsumiert. Und ein bisschen habe ich bedauert, dass ich nicht wenigstens einen anständigen Dildo im Koffer hatte.

Der Rest der Fahrt bis zur Grenze war dann unproblematisch. Unterwegs kauften wir noch Mangos, ich hatte versprochen, Mangos mitzubringen.
In Bignona habe ich 8 Mangos für 1000 cfa bekommen, das sind umgerechnet etwa 1,50 Euro.
Auch an der Grenze gab es keine Probleme. Wir waren so gut in der Zeit, dass wir noch was essen konnten.

Und nun sitze ich am Flughafen und warte auf meinen Check-in. Mein Mann ist bereits zurückgefahren, denn die Grenze zwischen Gambia und Senegal schließt um 19 Uhr. Und je nachdem, wie der Verkehr ist, würde es knapp werden. Ausserdem ist die Straße von Diouloulou nach Ziguinchor im Dunkeln nicht gut zu fahren.

Hinter mir liegt nun ein halbes Jahr Afrika.
Ich wollte ursprünglich 1/2 Jahr in Gambia bleiben und dort viel in Sachen Musik lernen: hauptsächlich traditionelle Mandinka-Songs, Kora spielen, trommeln.
Drei Wochen wollte ich in Abene (Senegal) verbringen, ich hatte mich dort zu einem Workshop angemeldet.
Ich wollte fotografieren, hauptsächlich Menschen, Frauen.

Ich hatte von allem etwas. Ich hatte mich getrennt (ich war zwei Jahre mit einem Mann in Gambia zusammen) und den Dezember habe ich alleine sehr genossen. Ich kenne etliche Menschen in Gambia, ich hatte viel Besuch, hab viel unternommen, hab mich mit vielen Bekannten getroffen.

Und dann kam Abene und ich hab mich neu verliebt. Das war weder geplant noch gewollt. Aber irgendwas hat mein Herz berührt.

Ich hab (traditionell) geheiratet, bin von Gambia nach Senegal gegangen Und hier habe ich einen absolut authentischen Blick vom Leben in der Casamance bekommen.

Ich habe meine Lieder gelernt, ich habe Fortschritte auf der Kora gemacht.

Ich könnte jetzt noch so viel mehr schreiben aber alles in allem war es eine aufregende, wertvolle und sehr schöne Zeit für mich, mitunter hat sie mich an meine Grenzen gebracht.

Ich nehme sehr vieles mit. Und ich werde wiederkommen, nächsten Winter.

Attaya – die Kunst des Tee trinkens

Überall in Gambia und Senegal wird Attaya getrunken, ein Getränk aus grünem (Gunpowder) Tee und viel Zucker.

Er wird in kleinen emaillierten Kännchen gekocht, oft auf der Glut von Holzkohle. Für das Kochen nimmt man sich Zeit, viel Zeit. Es dauert eine gute halbe Stunde, bis der Attaya fertig ist.

Der Tee wird im Kännchen gekocht, mit viel Zucker. Allein das ist schon toll, denn es duftet oft nach Karamell.

Wenn der Tee lange genug vor sich hingeköchelt hat, beginnt das eigentliche Prozedere: Der Tee wird in ein kleines Glas geschüttet und wird ganz oft in ein zweites Glas umgeschüttet. Und dann geht das immer hin und her, einige Male. Danach kommt der Tee wieder zurück ins Kännchen und köchelt wieder ein paar Minuten. Und dann wird er wieder hin und hergegossen, von einem Glas ins nächste.

Mit der Zeit bildet sich eine dichte Schaumkrone, die entsteht durch den Zucker. Und diese verbleibt auch im Glas.

Wer jetzt denkt, der Attaya sei jetzt trinkfertig, der irrt. Er kommt wieder zurück ins Kännchen. Und so geht es weiter und weiter, etwa 1/2 Stunde. Dabei wächst diese typische Schaumkrone.

Wenn der Attaya trinkfertig ist, werden die Gläser von außen mit Wasser abgespült, damit sie nicht kleben (Zucker!). Und dann wird in hohem, dünnen Strahl der Tee in die Gläser gegossen.

Damit ihr eine Vorstellung davon habt, wie das Ganze abläuft, habe ich vor etwa 2 Jahren ein Video gedreht. Und habe 30 Minuten auf etwa 5 Minuten runtergeschnitten.

Es gibt immer nur zwei Gläser und die ersten beiden Gläser bekommen die, die in dieser Runde die wichtigsten, ältesten, ranghöchsten, was auch immer sind. Wenn die ersten beiden ausgetrunken haben, wird Attaya nachgeschüttet und die nächsten beiden bekommen ein Glas. Und nein, die Gläser werden zwischendurch nicht gespült.

Oft bekomme ich eines der beiden ersten Gläser, ein Zeichen der hohen Gastfreundschaft.

Wenn man den Attaya trinkt, lässt man die Schaumkrone im Glas. Niemals schleckt man diese Schaumkrone mit der Zunge oder dem Finger heraus!

Wenn ihr in Gambia oder Senegal Urlaub macht, sucht Attaya nicht auf der Getränkekarte, ihr werdet ihn nicht finden.

Geht zum Strand oder in die Viertel und wenn ihr jemanden seht, der Attaya kocht, fragt einfach, ob ihr probieren dürft. So habe ich das schon ganz oft gemacht.

Weihnachten unter Palmen

Zum ersten Mal habe ich Weihnachten ohne meine Familie verbracht.

Spoiler: es war keine schlechte Entscheidung. 😉

Für zwei Nächte habe ich mich im Kinkilibar eingebucht. Das ist eine kleine Lodge am Paradise-Beach in Sanyang. Ich kenne Papa und seinen Bruder Lamin persönlich und wusste, das wird eine schöne Zeit dort für mich werden.

Am Nachmittag des 24.12. komme ich dort an. Mein kleiner Ford Fiesta hat die holprige Sandstrasse mühelos bewältigt. Würde es nicht regnen, würde ich mich auf eine der Liegen legen. Echt wahr: es hat am 24.12. geregnet! Normalerweise regnet es im Dezember nicht, von November bis Juni ist Trockenzeit in Gambia. Also sitze ich auf der überdachten Terrasse und lasse mir einen frischen Juice servieren. Banane und Orange. Lecker!

Am Abend genieße ich mein Dinner unter Palmen, mit Blick aufs Meer. Ich bin alleine. Das Essen ist lecker, es gibt gegrillten Fisch mit Pommes (aus frischen Kartoffeln) und Salat.

Ich gehe früh ins Bett, das Rauschen der Wellen schaukelt mich sanft in den Schlaf.

Am nächsten Morgen wache ich früh auf und mache einen Strandspaziergang. Noch steht die Sonne nicht am Himmel, noch ist es nicht so heiß. Und noch sind kaum Leute am Strand.

Ich habe Hunger und ich bekomme ein wunderschönes Frühstück, wieder unter Palmen. Frische Papaya, Omelett, frisches Tapalapa (Brot), Erdnussbutter und Marmelade… mir geht es so gut hier!

Den Rest des Tages verbringe ich auf der Sonnenliege am Strand, schlafend. Eigentlich wollte ich lesen aber das Rauschen der Wellen entspannt mich und macht mich müde.

Am nächsten Morgen fahre ich zurück in meine kleine Wohnung, ich muss packen, für drei bis vier Wochen Abene, eine Stadt in Senegal. Ich werde dort mit anderen Leuten trommeln, tanzen, Kora spielen, auf Festivals gehen und eine gute Zeit haben. Morgen früh geht es los…

Off-Day im Mama Folonka

Mein „Hausstrand“, der Paradise-Beach in Sanyang ist schön, ich mag ihn sehr und es sind nur etwa 5 km von meiner kleinen Wohnung bis dorthin.
Aber es gibt Tage, da ist mir am Strand von Sanyang zu viel los. Und neulich war so ein Tag. Ich wollte Ruhe, absolute Ruhe. Und so bin ich nach Kartong gefahren, ganz im Süden von Gambia.
Das hört sich jetzt nach einer langen Fahrt an aber Gambia ist ein kleines Land, die Autofahrt dauert etwas mehr als 1/2 Stunde inklusive ein paar Straßenkontrollen, die man passieren muss.

Ich fuhr, ohne gefrühstückt zu haben. Ich wollte dort frühstücken, im Mama Folonka. Eine Lodge, von der ich schon viel Gutes gehört habe.
Ich packte meine Kora ins Auto, den Rucksack mit Handtüchern und Sonnencreme und fuhr los.

Im Mama Folonka wurde ich sehr nett begrüßt, so als wäre ich schon etliche Male da gewesen. Dabei war ich zum ersten Mal dort.
Ich erwähnte, dass ich noch nicht gefrühstückt hatte und ob ich etwas zu essen bekommen könnte.
Die Köchin zauberte mir ein herrliches Omelett. Ich ass auf der Terrasse, mein Blick schweifte runter auf den Strand und das Meer. Einfach nur toll!

Es war noch ein anderer Gast auf der Terrasse, am Nachbarstisch. Eine junge Frau aus der Schweiz. Sie fragte mich, woher ich käme und als ich sagte „aus Deutschland“ fragte sie, aus welchem Teil? Ich antwortete: „aus Nordrhein-Westfalen, aus dem Ruhrgebiet“.
„oh!“, sagte sie, „mein Freund kommt auch ursprünglich aus dem Ruhrgebiet, er ist in Bottrop aufgewachsen, vielleicht kennst du die Stadt?“
Ich prustete los vor Lachen. „Ja, das ist die Stadt, in der ich lebe!“
Himmel, wie klein die Welt doch manchmal ist.
Etwas später kam ihr Freund dann hoch zu uns, er war surfen, also echtes surfen, nicht im Internet surfen. Sondern so richtig mit Surfbrett auf dem Atlantik.

Nach meinem Frühstück nahm ich meine Kora und meinen Rucksack und ging die paar Stufen zum Strand hinunter, suchte mir eine schöne Liege unter dem Pavillion aus getrockneten Palmenblättern.
Und hier blieb ich nun den ganzen Nachmittag bis zum Abend.
Ich habe Kora geübt, das ist am Strand noch mal etwas ganz anderes als wenn man vor dem Haus sitzt.

Diese Stille und Ruhe dort habe ich sehr genossen, nur ein paar Kühe laufen über den Strand.

Keine Obstverkäufer, keine Händler, die einem irgendwelche Souvenirs verkaufen wollen. Und vor allem: keine Beachboys!
Am frühen Abend sah ich auf dem Wasser ein paar Fischerboote, die zurückkehrten. Die bunten Boote sieht man von weitem.
Und kurz vor dem Sonnenuntergang kam eine Mitarbeiterin vom Mama Folonko zu mir und meinte, das Essen sei fertig. Ich hatte nämlich vorab ein Dinner für mich bestellt.
Butterfish, das ist der leckere Fisch ohne Gräten.

Und es war lecker! Den Sonnenuntergang gab es ohne Aufpreis dazu.

Ich werde wiederkommen, noch einige Male!

Brikama Market II

21. Dezember 2024

Ich muss meine Dreads oder wie man hier sagt, meine Rastas machen lassen. Neulich habe ich ja einen netten Hairdresser auf dem Markt in Brikama gefunden. Ich hab ihn gestern angerufen und meinen „Termin“ für heute vereinbart.

Ich wollte erst noch mal nach diesen tollen gebatikten Laken gucken, ich hätte noch gerne ein weiteres für mein Bett, zum Wechseln. Aboubacar, mein Friseur, begleitet mich und passt auf, dass mich niemand übers Ohr haut. Auf dem Weg zu seinem Shop lerne ich eine seiner Schwestern kennen. Sie hat ebenfalls gebatikte Laken. „Warum hast du nicht eher gesagt, dass deine Schwester auch welche hat?“, frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern. Ich sehe eines in Smaragdgrün und Pink und ja, ich kaufe auch dieses. Die Frauen hier brauchen jede Unterstützung. Nun habe ich drei Laken.

Danach führt er mich zu einem anderen Shop. Im Hinterraum sitzen ein paar Frauen: Fatima, Fatima & Fatima. Ehrlich wahr!

Wir machen noch ein paar Selfies und Aboubacar verpasst Fatima noch ein paar schicke Fußnägel.

Nun aber gehen wir zu seinem Salon, wo schon andere Kundinnen auf ihn warten. Okay, ich muss noch warten, er will erst noch die Fingernägel einer Frau machen.

Gut, dann esse ich erst noch was. Direkt gegenüber gibt es einen Essensstand, heute gibt es Benechin, gebratenen Reis.

Während ich esse und warte, werden schräg gegenüber meine Kissenbezüge genäht.

Gegenüber der Schneiderei wird Attaya gekocht. Ich warte sehnsüchtig darauf.

Die Fingernägel sind beinahe fertig. Jetzt noch ein Hennatattoo auf die Hände… und irgendwann werde auch ich dran kommen.

Bunt, bunter, Batik!

In Gambia wird viel gebatikt, es gibt unterschiedliche Techniken, die Abbindetechnik (tie-dye) und die Wachsbatik.
Ich persönlich liebe tie-dye Batiken sehr, ich habe mir bereits einige Kleider aus diesen bunten Batikstoffen gekauft bzw. nähen lassen oder auch selbst genäht und bei meinen letzten Gambia-Reisen habe ich mir u.a. Bettwäsche batiken lassen.

Meine Bettwäsche in Tschechien

Aber was nutzt mir die gebatikte Bettwäsche zuhause in Tschechien, wenn ich hier in Gambia bin?
Letzten Samstag war ich mal wieder in Brikama auf dem Markt und habe wunderschöne große gebatikte Laken gesehen. Ich habe eines davon für mein Bett mitgenommen. Und ein kleineres, um Kissenbezüge daraus nähen zu lassen.
Heute habe ich mein Bett mit diesem Laken und den neuen Kissenbezügen bezogen und ich bin richtig happy. Die Farben und die Muster machen richtig gute Laune!

Meine Bettwäsche in Gambia

Zum Markt gehen und eine neue Freundin finden

Montag, 02. Dezember 2024

Heute gehe ich endlich mal zum Markt. Ich muss das kurz erklären, einen Block weiter ist ein klitzekleiner Markt, etwa 15 Stände. Dort verkaufen Frauen aus der Nachbarschaft, was deren Gärten hergeben. Oder auch, was das Meer gegeben hat. Sie sind dort immer nur vormittags, verkaufen und tauschen Neuigkeiten aus dem Viertel aus. Ein netter Frauentreff in Sanyang.
Bislang war immer irgendwas in dieser ersten Woche und ich hatte es nicht geschafft, dort hinzugehen. Aber heute vormittag hatte ich Zeit, weil mein Kora-Lehrer wegen einer Beerdigung erst später kommt.
Auch das ist so eine Sache. Viele Verabredungen platzen oder verschieben sich, weil irgendwer gestorben ist. Und Muslime müssen sehr schnell beerdigt werden.
Auf dem Markt lerne ich Kaddy kennen. Sie übernimmt die Rolle der Dolmetscherin für mich, die meisten Frauen, die hier ihre Waren verkaufen, sind schon älter und sprechen kein Englisch sondern Mandinka, eine der vielen Stammessprachen hier.
Sie schlendert mit mir von Stand zu Stand, erklärt, übersetzt, legt die Waren in meine Tasche.
Als ich alles eingekauft habe, begleitet sie mich nach Hause. Sie nimmt das Bündel Feuerholz, was sie gekauft hat, legt es locker-lässig auf ihren Kopf und geht mit mir die 150 m nach Hause.
Kaddy möchte wissen, wo ich wohne, wie ich wohne. Wir sitzen zusammen vor meiner Wohnung auf der Terasse und reden ein bisschen. Kaddy ist 25 und verheiratet und lebt im Compound nur wenige Meter hinter mir, wir sind quasi Nachbarinnen.
Nach etwa 15 Minuten verabschiedet sie sich, denn sie muss kochen. Vorher aber machen wir ein paar Selfies. Das war Kaddys Wunsch.


„Was kochst du heute?“ frage ich sie. „Domada“ sagt sie.
„oh, lecker“ antworte ich.
„Magst du Domada“ fragt sie mich. Und ich nicke und sage: „ja, ich liebe es!“
„Dann bringe ich dir nachher etwas vorbei“, ruft sie mir zu und setzt sich ihr Feuerholz wieder auf den Kopf und geht nach Hause.

Ein paar Stunden später klingelt das Telefon. Kaddy ist dran. Domada ist fertig. Und etwa 10 Minuten später steht sie bei mir vor dem Compound, mit einer Schale unter ihrem Umhang, die mit einer zweiten Schale abgedeckt ist.
Das Tolle aber ist, dass sie mit mir zusammen essen möchte. Das finde ich schön!
Ich hole uns Löffel und Gläser und Wasser. Teller brauchen wir nicht, wir essen, wie es hier üblich ist, von einem Teller.

Kaddy vergewissert sich einige Male, ob es mir schmeckt. Ich esse sehr langsam, das ist hier nicht üblich und anscheinend denkt sie, dass ich so langsam esse, weil es mir nicht schmeckt. Ich bestätige ihr etliche Male, dass ich ihr Domada sehr lecker finde.

Domada ist eine Erdnusssoße. Dazu gibt es Hühnchen oder Fisch oder auch Rindfleisch. Meistens auch Gemüse. Jede Familie hat ihr eigenes Rezept. Ich habe schon so oft Domada gegessen und es hat jedesmal anders geschmeckt aber es war jedesmal lecker. Diesmal auch.

Kaddy und ich werden uns noch einige Male wiedersehen, da bin ich sicher. Sie möchte mir Mandinka beibringen. Keine schlechte Idee.

Herausforderungen ohne Ende

Freitag, 06. Dezember 2024

Seit meiner Ankunft wartet nahezu täglich eine neue Challenge auf mich.
Manche sind spannend, wie zum Beispiel mit dem Fahrrad zum Strand zu fahren und festzustellen, dass 5 km sehr, sehr anstrengend und lang sein können. Oder im Gewusel der „Garage“ (so nennt man hier die Busbahnhöfe) den richtigen Gele-Gele (Bus) zu finden.
Andere wiederum sind echt herausfordernd.
Seit ich hier bin, also seit 1 1/2 Wochen, hatte ich mehrmals Stromausfall. Ich rede nicht von einem Ausfall, der vielleicht ein paar Minuten oder eine Stunde anhielt. Nein, die Stromausfälle erstreckten sich über mehrere Stunden, die ganze Nacht hindurch.
Gottseidank habe ich drei Powerbanks dabei, so dass ich Handy, Router und meine Stirnlampen laden kann und eine kleine USB-LED-Lampe damit betreiben kann, so dass ich nicht völlig im Dunkeln sitzen musste.
Der längste Stromausfall dauerte fast einen kompletten Tag, er begann am Montag abend und ging zum späten Nachmittag am Dienstag. Um dann am Dienstag abend noch einmal für etwa 3 Stunden auszufallen. Aber seitdem habe ich stabil Strom. Toi-toi-toi!

Am Mittwoch ist der Moskitoschutz-Rahmen aus dem Fenster gefallen. Es war sehr windig und der Wind drückte den Rahmen einfach hinaus.
Gottseidank kam meine Vermieterin am Mittwoch vormittag zu Besuch, so konnte ich ihr den Schaden zeigen.

Sie hat viel rumtelefoniert, um einen Schreiner aufzutreiben. Vergeblich. Da fiel mir ein, dass Kaddys Schwager (Kaddy ist eine meiner Nachbarinnen aus den umliegenden Compounds) Schreiner ist. Sie versprach mir, am Abend mit ihm vorbei zu kommen.

Seit Mittwoch Mittag habe ich auch kein Wasser mehr, unser ganzer Compound ist ohne Wasser.
Wir haben hier einen Wassertank, so wie es allgemein üblich ist. Die Pumpe ist solarbetrieben. Macht ja in Afrika auch Sinn, denn Sonne gibt es hier genug. Eigentlich.


Aber seit Dienstag ist es sehr bewölkt, wir haben keinen Sonnenschein mehr.
Auf der einen Seite ist das toll, das Wetter ist absolut richtig für mich. Nicht zu heiss und ich muss mich nicht gegen Sonnenbrand schützen. Aber für die Wasserpumpe ist es doof. Zwar hat sie eine Batterie, so dass das Wasser nachts normalerweise läuft aber die reicht nicht für mehrere Tage.

Am Mittwoch abend kam also Kaddy mit Sarja, ihrem Schwager, dem Schreiner. Er nahm einen der Moskitoeinsätze aus einem der anderen Fenster und setzte ihn provisorisch in mein Schlafzimmerfenster hinein und versprach mir, in den nächsten Tagen einen neuen Rahmen passgenau einzurichten.
Als beide mitbekamen, dass wir hier ohne Wasser sind, ging Kaddy zu einem der öffentlichen Wasserkräne, etwa 50 Meter von mir entfernt. Sie nahm einen Eimer mit und ein paar leere Plastikflaschen. Als sie wiederkam, balancierte sie den Eimer gekonnt auf ihrem Kopf.
Ich hatte nun Wasser, um mich zu waschen und fürs Klo.
Aber es blieb weiterhin bedeckt. Und so kamen Kaddy und Sarja noch einmal, um mich mit Wasser zu versorgen. Sie befüllten einen 20-Liter Kanister mit Wasser, füllten ihn in meine verfügbaren Eimer um den Kanister ein zweites Mal zu befüllen.

Ich bin absolut geflashed von dieser Hilfsbereitschaft meiner Nachbarn!
Dennoch hoffe ich, dass das Wasser bald wieder fließt.


„Fatou Yo“ in Brikama

Mittwoch, 27. November 2024
Ich bin heute nach Brikama gefahren, denn ich wollte zu Q-Cell ein Internet-Provider, um ein Bundle für meinen W-lan Router zu kaufen.
In Brikama gibt es ausserdem noch einen großen afrikanischen Markt, also einen wirklich afrikanischen. Nicht so einen, der für die Touristen ist, mit schönen und ausgesuchten Kunsthandwerkprodukten. Sondern einen Markt von Einheimischen für Einheimische. Man bekommt dort Kleidung, neu oder neuwertig und gebraucht, Obst und Gemüse aus den unterschiedlichen Gärten, Fisch und alles mögliche.

Es war unglaublich heiss und ich suchte mir schattige Gassen und eigentlich auch etwas zum Hinsetzen, denn mein Kreislauf verließ mich gerade ein wenig.
Und dann war da der Mann, der einer Frau die Dreads auffrischte. Die Frau saß auf einer kleinen Bank vor einem kleinen Shop. Als der Hairdresser mich sah, blinkten seine Augen und er meinte, ich solle mich setzen, er würde mir meine Dreads auch auffrischen. Hinsetzen wollte ich mich gerne aber keine Auffrisch-Prozedur. Ich fragte ihn dennoch, welche Technik er verwendet. Er meinte, ich mache dir eine Probesträhne, dann siehst du, ob es dir gefällt.

Er unterbrach also die Arbeit an der anderen Frau, die das hinnahm, als wäre das das Selbstverständlichste auf dieser Welt. Sie hatte ihre kleine Tochter dabei, sie nutze die Pause, um sie zu stillen. Ja, in Gambia wird öffentlich gestillt und keiner sagt etwas dagegen, dabei ist es ein muslimisches Land.

Mir gegenüber saßen drei Jugendliche im Alter von 14-17 Jahren. Ich wunderte mich, dass sie dort waren, mittags sind eigentlich Kinder und Jugendliche in der Schule. Ich fragte sie, ob sie nicht zur Schule gehen. Doch aber erst am Nachmittag. Ich fragte, was sie mal später beruflich machen möchten und die Antworten überraschten mich.
Einer von ihnen möchte wie sein Vater Schneider werden aber auch Sänger, denn er singt gerne. Der zweite möchte Fußballer werden, natürlich in der Nationalmannschaft Gambias.
Und der dritte sagte, er möchte irgendwann Präsident von Gambia werden. Wow, ich sicherte ihm meine Unterstützung zu.
Alle drei arbeiten neben der Schule als Schneider.

Aboubacar, der Hairdresser, arbeitete noch an meiner Probesträhne, da setzte sich eine Frau zu uns, in einem tollen, farbenprächtigen Kleid. Das war Amtie, die Mutter des zukünftigen Präsidenten. Eine sehr warmherzige Frau. Wir redeten nun alle durcheinander, auf Englisch, denn was anderes kann ich nicht.
In Gambia werden verschiedene Sprachen gesprochen. Hauptsächlich Mandinka, eine Sprache, die in ganz West-Afrika gesprochen wird. Aber daneben gibt es auch noch Wolof oder Fula oder Jola…



Irgendwann habe ich angefangen, das Lied „Fatou yo“ zu singen. Und alle kannten es und haben mitgesungen. Das war so schön! Ja, so ist Gambia. Du gehst alleine zum Markt und wenn du gehst, hast du viele neue Bekanntschaften geschlossen.
Aboubacar hat meine Probesträhne übrigens ganz wunderbar gemacht, in etwa drei Wochen darf er meinen kompletten Kopf bearbeiten.
Und von den drei Jungs werde ich mir ein Kleid nähen lassen. So eines, wie Amtie anhatte.