Staub, Sonne, Türen

Ankommen in Abéné

Vor drei Tagen stand ich endlich hier, mitten in Abéné, mitten im Sand, auf der Baustelle, vor diesem Haus, das viel größer ist, als ich es mir vorgestellt habe. Aber noch ohne Fenster, ohne Türen – nur Mauern mit einem Dach, die in der Vormittagssonne stehen und mit mir sprechen: „Na? Traust du dich?“

Na klar traue ich mich. Da, schaut selbst!

Gestern war Stillstand. Wir müssen auf Sand warten aber es ist Freitag – der Tag, an dem hier alles langsamer ist bzw. steht. Die Moschee ruft, die Menschen halten inne.

Wir frühstücken erst einmal. Auf glühenden Kohlen köchelt die Kanne mit Wasser für den Kaffee und die umgedrehte Bananenkiste ist unser Tisch. Ich werde hier zur Impro-Queen.

Heute dagegen veränderte sich alles. Als wir ankamen, war der Sand schon geliefert. Die Fenster und Türen wurden eingebaut. Es sieht toll aus! Ich berühre die Türrahmen, und kann spüren, wie ich bald schon hier hindurchgehe.

Dieses Haus ist nicht mehr nur ein Rohbau. Es ist ein Versprechen. Hier soll das Glück wohnen!

Morgen, am Sonntag, wollen wir einziehen, auch wenn noch nichts da ist. Denn der Container, wo mein Bett und vieles andere mehr drin ist, ist noch nicht angekommen. Naja, ich habe ausreichend Campingerfahrung und wie ich schon schrieb: Impro-Queen. Ich freue mich jedenfalls drauf! Auf dieses neue Kapitel in meinem Leben.

Wir suchen übrigens nach einem schönen Namen für das Haus. Habt ihr Ideen?

Ein Haus wird gebaut

Mein Zuhause wächst – auch wenn ich weit weg bin

Im April habe ich das Grundstück kennengelernt, auf dem mein Haus oder unser Haus entstehen sollte. Es befindet sich ein bisschen abseits der Hauptstraße in Abéné, in einem grünen und baumreichen Gebiet.
Der Weg dorthin ist gesäumt von Cashewbäumen, ich habe im April noch Cashewfrüchte vom Boden aufgesammelt und gegessen.


Unzählige Vögel leben dort, es hat aus allen Richtungen gezwitschert. Ich erinnere mich an das Rauschen der Blätter und an den Geruch der Erde.
Damals war da nur wild bewachsenes Land mit hohem, vertrocknetem Gras.

Da also sollte das Haus entstehen.

Jetzt wächst dort etwas. Stein für Stein, gebaut von zahlreichen Händen.
Mein Mann Moctar erzählt mir regelmäßig, wie es vorangeht. Ich höre seine Stimme, höre vor allem die Müdigkeit nach dem langen Tag. Aber ich höre auch den Stolz darin und die Freude.
Und neulich hat er Fotos geschickt. Auf den Bildern sehe ich Mauern, die langsam Formen annehmen. Noch unfertig, aber schon jetzt kann man sehen, was es werden wird. Und es wird schön!

Das hier ist der Stand nach 6 Tagen Bauzeit

Ich betrachte jedes Detail, als wäre ich selbst dort. Den Schatten einer Mauer, die Fenster, durch die bald Licht fallen wird. Ich sehe den Ort, an dem ich einmal stehen werde – vielleicht barfuß, vielleicht mit einem Kaffee in der Hand. Ich sehe die Sitzecke auf der Veranda, wo ich mit meiner Kora sitzen werde oder auch mit Bekannten essen werde.
Zwischen den Fotos und seinen Erzählungen entsteht in mir ein Haus, das nicht nur aus Steinen gebaut ist, sondern aus Bildern, Worten und Sehnsucht.

Manchmal frage ich mich, wie es sein wird, wenn ich das erste Mal durch die Tür trete. Wenn die Vögel mich morgens beim Aufgehen der Sonne mit ihrem Zwitschern wecken werden.
Ob ich dort nachts, wenn alles ruhig ist, das Wellenrauschen von Atlantik hören kann?

Ich stelle mir vor, wie wir dort sitzen werden, unter den Bäumen, und das Gefühl haben: Wir sind angekommen.

Und hier nach 9 Tagen Bauzeit

Mein Mann sagt jedesmal: „Das wird dein Haus, Jana. Es wird dein Zuhause.
Ein Ort, an dem du glücklich sein sollst.“

Und jedes Mal, wenn ich das höre, spüre ich ganz viel Wärme in mir und ganz viel Liebe.
Noch nie hat jemand ein Haus für mich gebaut.
Dieses Haus ist mehr als ein Bauprojekt. Es ist ein Versprechen.
Eine Art Wurzel, die schon wächst, auch wenn ich gerade noch in Deutschland bin.

Manchmal wächst etwas, obwohl man weit weg ist. Und vielleicht wächst gerade dann am meisten – weil man spürt, dass die Verbindung stark genug ist, um auch über die Entfernung zu tragen.

Noch 3 Wochen bis Senegal

In genau 21 Tagen geht es wieder los.
Nicht in den Urlaub. Nicht auf eine Bühne. Nicht auf eine touristische Reise.

Ich fliege zurück in die Casamance, diesmal an die Küste, nach Abene — ein Ort, den ich letztes Jahr lieben gelernt habe und an dem ich einige Wochen verbracht habe.
Dieses Mal wartet ein kleines Häuschen auf mich, es wird gerade gebaut. Und ich hoffe, dass es rechtzeitig fertig wird. Mein eigenes Zuhause, mitten in meinem anderen Leben.

Auf diesem Grundstück wird das Haus gebaut

Ich freue mich darauf, wenn ich das erste Mal die Tür aufschließen und die Zimmer betreten werde. Ich freue mich auf das Licht, auf die Sonnenstrahlen, die durch die Türen fallen, die vielen Bäume und die hunderte zwitschernde Vögel.

Ich nehme euch mit zu meinem künftigen Haus


Ich freue mich auf die kleinen Räume, die ich gestalten werde, und auf den Alltag, der mich erwartet. Im Juli/August habe ich bereits etliche Dinge per Container nach Afrika geschickt: ein neues Bett, Lattenrost und Matraze, Stühle, Tische, Garderoben, Küchenzubehör, Sonnenmilch und Mückenschutzmittel und andere Drogerieartikel für 6 Monate und zwei Gitarren. Eine für mich und eine für meinen Mann.

Seit über fünf Monaten habe ich meinen Mann nun nicht mehr gesehen. Fünf Monate!Das klingt nach einer langen Zeit, und das ist es auch.
Aber jeder Tag ohne ihn hat mir bewusst gemacht, dass wir dennoch miteinander verbunden sind, auch wenn uns mehr als 6000 km voneinander trennen.

Ich freue mich auf alles, was mich in Abene erwarten wird

Musik: Kora üben, neue westafrikanische Lieder lernen, trommeln, verschiedene Rhythmen spüren.

Strand und Natur: Tägliche Spaziergänge am Meer, der Wind, das Licht, die Geräusche der Casamance.

Marktleben: Obst, Gemüse, frischer Fisch, die Düfte der Gewürze, bunt gebatikte Kleider, Menschen, die lachen und handeln.

Freunde und Bekannte: Wiedersehen, Gespräche, gemeinsames Kochen, Musikabende.

Meine Koffer sind bereits halb gepackt: Technik für Fotos und Videos, Laptop, Mikrofone, Powerbanks, Solarpanels, Geschenke für die Menschen, die mir am Herzen liegen, etwa 30 Lesebrillen in verschiedenen Stärken zum Verschenken und ein bisschen Kleidung. Vieles ist schon von letztem Mal vor Ort.

Es fühlt sich an wie ein Comeback in ein Leben, das ich teilweise schon kenne, und gleichzeitig wie ein neues Kapitel. Ich weiß, dass ich viel lernen werde, nicht nur musikalisch, sondern über Menschen, Orte und über mich selbst.

Ich nehme euch wieder mit. Ich zeige euch, wie es ist, wieder in ein Leben einzutauchen, das man liebt. Ohne Filter, ohne Kitsch – nur echt, aus der Perspektive einer, die mittendrin lebt und gespannt ist, was kommt.