Manche Tage fühlen sich nicht wie eine Geschichte an, sondern eher wie ein Puzzle oder ein Mosaik. Warmes Licht neben plötzlicher Irritation, leise Nähe neben dröhnendem Rhythmus.
Weihnachten liegt hinter uns. Wir haben verdammt gut gegessen und ich habe in einem Restaurant spontan ein kleines Konzert gegeben.
Dazu ein paar Begegnungen, die hängen bleiben – und dann diese Lautstärke, die alles überlagert.
Ich notiere das nicht, um es zu ordnen, sondern um es festzuhalten, solange es noch in meinem Kopf existiert.
Kerzen hatten wir natürlich nicht, sondern wie jeden Abend ein Feuer.
Sirenen heulten auch nicht. Stattdessen gab es unangenehme Begegnungen mit der Strassenpolizei. Aber es gab auch Lichtblicke, wie der Polizeibeamte in Diouloulou, der mir wirklich sehr geholfen hat.
Nach vielen Kilometern und Stunden des Hin- und Herfahrens war es irgendwann geklärt. Ich hoffe, es bleibt dabei.
Seit vorgestern läuft das große und bekannte Festivalo hier in Abene. Bis zum 2.1. werden wir jeden Tag allerfeinste Musik genießen können. Geschlafen wird dann am Tag, denn vor 23 Uhr beginnt es nicht und geht dann locker bis 3 Uhr morgens.
Ich gebe mich dem Rhythmus hin – mal sehen, wie viel Schlaf ich noch erwische.
Was wäre 1/2 Jahr Afrika ohne das Erlebnis, mit der korrupten Polizei Bekanntschaft gemacht zu haben? Genau, gar nichts wäre das. Und deshalb nehme ich am Ende meiner Reise noch ordentlich was mit. Es geht um einen Führerschein und darum, dass man mein Auto als Pfand benutzen wollte, um eine halbe Million CFA zu erpressen.
Das Polizeirevier von außen
Aber der Reihe nach: ich habe mir letztes Jahr im Dezember in Gambia ein Auto gekauft, ich wollte ja ursprünglich das halbe Jahr in Gambia bleiben. Eigentlich hatte ich dort schon ein Auto, einen schwarzen Mercedes, C-Klasse. Das hat mein Ex-Freund von meinem Geld gekauft. Und nachdem er sich von mir getrennt hat, um eine andere zu heiraten, hat er sich mit dem Auto aus dem Staub gemacht. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht ein anderes mal erzählen werde.
Also, ich habe ein Auto mit gambischem Nummernschild. Und nun bin ich ja seit Ende Januar nebenan in Senegal. Wer denkt, das wäre ähnlich wie mit dem deutschen Auto nach Holland, Frankreich oder sonstwo in Europa zu fahren, irrt.
Man braucht nämlich eine Extragenehmigung, um das Auto aus Gambia auszuführen und in Senegal einzuführen. Die gambische Seite macht keine Probleme. Die haben mir das erste Mal 30 Tage und das zweite Mal 90 Tage aufgeschrieben, das reicht bis zu meinem Rückflug. Und die wollten gerade mal 100 Dalasis dafür, das sind nicht mal 1,50 €.
Aber die Senegalesen zicken rum. Die geben maximal 30 Tage und die kosten 7500 CFA, das sind 11,50 €. Man muss also vor Ablauf des Passavant zur Zollbehörde oder aber zur Grenze (Gambia oder Guinea-Bissau) und verlängern. Kostet jedesmal 11,50 €
Mein senegalesischer Mann hat einen senegalesischen und gambischen Führerschein. Wenn er mit meinem Auto fährt und kontrolliert wird, zeigt er den gambischen Führerschein. Und glaubt mir, mit gambischen Nummernschild wird man immer kontrolliert. Und die finden immer irgendwas, für das sie leider, leider eine Strafe erheben müssen. Z.B. weil man keinen Feuerlöscher im Auto hat. Oder weil man kein zweites Warndreieck hat. Oder weil man eine Kora hinten auf dem Rücksitz hat. Oder weil man mit Flip-Flops Auto fährt…
In der Regel sind es kleine Beträge, mal 2000 CFA, mal 3000 oder auch schon mal 6000…
Aber gestern hieß es, man darf keinen gambischen Führerschein haben, wenn man keinen festen Wohnsitz in Gambia hat. Und wir mussten zur Polizeiwache, höhere Dienststelle. Als erstes haben sie meinem Mann den Autoschlüssel abgenommen. Ich hätte den ja nicht rausgerückt. Und dann kam der Hammer: 500.000 CFA Strafe, das ist eine halbe Million und in etwa das Budget fürs Essen für 5 Monate! Die wollten mein Auto als Pfand behalten, bis wir das Geld zahlen.
Was sich auf der Polizeiwache abspielte, war unglaublich!
Wir saßen im Büro, mit dem diensthabenden Offizier und einer seiner Kolleginnen. Man hat uns halt die Kosten um die Ohren gehauen und danach haben sich die beiden anderen Dingen zugewendet. Es wurden Briefe diktiert und aufgeschrieben, irgendeine Ortschaft bei Google Maps gesucht, sie gingen Akten durch usw.
Der Wartebereich
Irgendwann durften wir aus dem Büro entlassen, um im Flur zu warten. Ich hab mir währenddessen etwas zu Essen geholt.
Insgesamt haben wir vier Stunden dort verbracht, danach ging ein Mitarbeiter mit uns zum Auto, damit wir unsere Sachen dort herausholen können.
Und da bin ich wütend geworden. Ich bin zu dem Offizier, der mittlerweile draußen stand, und habe (auf französisch!) mit Bestimmtheit und Nachdruck gesagt, dass das mein Auto ist und ich mir nichts zuschulden kommen lassen habe und ich jetzt mit meinem Auto nach Hause fahren möchte. Dass das Auto vollgepackt ist, weil ich drei Wochen weg war. Dass ich Musikinstrumente im Auto habe, sowie Laptop und eine komplette Kameraausrüstung und Koffer usw.
Ich habe den Autoschlüssel bekommen, musste aber meinen Ausweis da lassen. Immerhin war ich so schlau und habe meinen Personalausweis dort gelassen und nicht meinen Reisepass. Man weiß ja nie. Morgen müssen wir wiederkommen. Ich weiß noch nicht, wie wir das Lösen aber ich werde meinen Autoschlüssel nicht hergeben.