Seit Montag schlafen wir auf unserer Baustelle – in einem Raum, der eigentlich noch keiner ist. Die Wände sind roher Beton, der sich nachts kalt und auch noch feucht anfühlt, und ständig liegt feiner Staub auf allem. Wir schlafen auf einer Schaumstoffmatratze, die wir übergangsweise gekauft haben. Meine Containersachen sind ja noch nicht da. Da ist nämlich auch eine Matratze samt Lattenrost und Bett bei.
Unter meinen Füßen klebt der PVC-Boden, den wir auch übergangsweise gelegt haben. Irgendwann kommt hier der typische Fliesenbruch hin. Alles wirkt improvisiert, unsere Sachen liegen in Taschen und Koffern auf dem Boden verteilt, so als hätten wir nur einen Zwischenstopp eingelegt. Nur dass dies kein Zwischenstopp ist. Dies ist der Anfang. Und der Anfang fühlt sich manchmal an wie Camping, nur ohne Naturidylle, dafür mit Betonsteinchen im Bett.

Toilette und Wasser bekommen wir von den Nachbarn. Ein Outdoor-Stehklo, bei dem mein Körper jedes Mal protestiert, als hätte er im Leben noch nie davon gehört, wie man außerhalb einer europäischen Toilette funktioniert. Bei den Nachbarn laden wir auch unsere Powerbanks auf. Im Moment haben wir nämlich kaum Sonne, der Himmel ist wolkenbedeckt, die faltbaren Solarpanels nutzen uns also gerade gar nichts.
Ich versorge hier fünf Erwachsene: Moctar, drei Männer von der Baustelle und mich. Drei Mahlzeiten am Tag, zwei davon kochen wir über Feuer und mit einfachem Equipment, mit lokalen Zutaten. Und der einzige nicht wirklich notwendige Luxus, den wir uns gönnen, ist Attaya – dieser starke, grüne Tee mit ordentlich Zucker drin.





Der erste richtige Tiefpunkt kam am Sonntag für mich. Wir hatten uns ja übergangsweise bei einer Bekannten einquartiert. Moctar aber wollte gerne umziehen. Aber ich habe gesagt: nein, das Geld, was ich für einen ganzen Monat habe, ist schon zu mehr als der Hälfte aufgebraucht. Ich kann keine Matratze kaufen.
Doch dann passierte etwas, das man „Wunder“ nennen muss. Mein Handydisplay leuchtete auf, auf meinem senegalesischen Konto tauchte unerwartet eine zweite Überweisung auf. Dieselbe Summe wie vor dem Abflug. Es fühlte sich an wie ein stiller, fast unverschämter Geldregen, der exakt im Moment fiel, an dem ich dachte: Mist, alles doof hier.
Das alles hier wäre ohne meinen Mann Michael nicht möglich. Er steht hinter mir, finanziell und menschlich, auch wenn unser Leben alles andere als klassisch ist. Wir sind nach wie vor verheiratet, leben aber in einer anderen Beziehung. Und trotzdem – oder vielleicht genau deshalb – hält er mir den Rücken frei. Dieses Haus wächst nicht nur aus Sand und Zement, sondern auch aus Vertrauen, Loyalität und einer Art Liebe, die viele nicht verstehen, manchmal verstehe ich es selbst nicht.
Am späten Nachmittag üben Moctar und seine Bandmitglieder. Dann dröhnen hier die Trommeln.

Abends sitzen wir gemeinsam am Feuer vor dem Haus. Die Grillen zirpen, der Rauch zieht in die Kleider und aus dem Dorf schwappt Trommelmusik herüber. Eine seltsame Mischung, die mir aber wieder klar macht, dass ich wirklich in Afrika bin. Manchmal spiele ich auch auf der Kora oder auf der Ukulele, manchmal reden wir nur oder schauen schweigend in die Flammen und trinken Attaya. Manchmal aber sind wir auch außerhalb, weil Moctar mit seiner Band auftritt.
Was für ein absurdes, wildes Leben. Und ich stehe mittendrin.
Dies ist kein klassischer Afrikaurlaub mit Safari oder Beachlife incl. Cocktailschirmchen.
Dies ist ein Bauprojekt unter Extrembedingungen – mit Chaos, vielen Kosten, Verantwortung. Aber auch mit einer Schönheit, die nur sichtbar wird, wenn man auf die Details schaut.
Und falls du dich fragst, ob ich manchmal zweifle:
Natürlich. Es wäre gelogen, wenn ich es nicht tun würde.
















